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Ein neuartiger Ansatz zur Leistungsbewertung und für Ranglisten in der Kletterwelt.
Warum braucht es ein Bewertungssystem für die Kletterleistung?Zurück zum Inhaltsverzeichnis
Viele Kletterer wünschen sich Rückmeldung über ihren Fortschritt und wie sie sich im Vergleich zu ihren Kletterfreunden und anderen Kletterern in ihrer Region, oder gar weltweit, schlagen. Auch wenn Wettkampfklettern weitestgehend etabliert ist und ab 2020 gar olympisch ist, gibt es keinen standardisierten Ansatz zur Bewertung der Kletterleistung und zur Führung von Ranglisten für das Klettern im Freien. Manche Kletter-Webseiten führen Ranglisten, welche weitestgehend auf willkürlichen Kriterien bestehen und keine statistischen oder wissenschaftlichen Belege für die Ranglisten liefern. Dementsprechend bringen diese Ranglisten auch nur sehr geringen Mehrwert in Bezug auf die Messung und Verfolgung des persönlichen Fortschritts.
Das Team von theCrag glaubt, dass ein Bewertungssystem mehr sein kann und soll, als nur ein Weg sich mit anderen zu vergleichen. Es soll dem Einzelnen die Möglichkeit geben, seinen Fortschritt zu beurteilen, ihn dazu inspirieren, härter zu klettern - wenn er das will - und ihm helfen, Schwächen und Stärken aufzuzeigen. Ein gutes Leistungsbewertungssystem soll zudem für Kletterer aller Niveaus funktionieren, von Elite-Kletterern zu Anfängern und zu regelmässigen Wochenendkletterern.
Für Anfänger soll es ein unterhaltsamer und einfacher Weg sein, den eigenen Fortschritt zu verfolgen und dazu ermuntern, sich mit Kollegen zu messen. Für Elite-Kletterer kann ein Bewertungssystem eine ernsthafte Angelegenheit sein und direkt mit Ruhm und Reichtum verbunden sein, für die wissenschaftliche Gemeinschaft ist es die Basis für strukturierte Untersuchungen in einem ständig wachsendem Feld.
Abbildung: CPR-Zeitschiene für Lee Cujes
Diese Abbildung zeigt die CPR-Zeitschiene für einen der langjährigsten Nutzer von theCrag, Lee Cujes. Zur genauen Interpretation lies bitte die CPR Grafik erklärt, vielleicht bist du dann genau so begeistert wie wir über die Entwicklung des CPR.
Ziele und HerausforderungenZurück zum Inhaltsverzeichnis
Das Ziel des CPR (Kletterleistungsfaktors) ist es, deine aktuelle Kletterleistung so gut und korrekt als möglich abzubilden und zusätzlich auch Vorhersagen treffen zu können, wie du dich in dir unbekannten Gebieten schlagen würdest. Das Bewertungssystem muss deshalb auf einer soliden, statistischen Datenbasis aufbauen und ein stichhaltiges Modell für die Kletterleistung und deren Korrelation mit Schwierigkeitsgraden liefern.
Nicht jeder erfasst seine Begehungen auf die gleiche Art. Viele Kletterer erfassen nur ihre erfolgreichen Begehungen und nicht alle Versuche, eine Route durchzusteigen. Andere wiederum erfassen nur die “wichtigsten” oder denkwürdigsten Begehungen. Auch kann jede Begehung anders sein, manche sind rot-pukt, manche onsight, manche im Nachstieg, usw. Aber das System sollte, wo möglich, alle Datenpunkte nutzen. Die erste Herausforderung ist demnach, so viele Datenpunkte wie möglich zu nutzen, aber niemanden zu bestrafen, weil er nur bruchstückhafte Informationen liefert, weil Versuche oder misslungene Begehungen erfasst oder eben nicht erfasst werden. Das System kann natürlich nicht in den Kopf des jeweiligen Kletterers schauen und sieht “nur” die Historie der Begehungen. Es kann auch nicht wissen, wie hart jemand trainiert, ob jemand verletzt ist oder nur zu viel Pizza gegessen hat. Am Ende des Tages muss es sich natürlich auch darauf verlassen, dass Kletterer ihre Begehungen ehrlich erfasst haben.
Ein Maß für die KletterleistungZurück zum Inhaltsverzeichnis
Nach einer ausführlichen Analyse von einer Million Begehungen auf theCrag und Rückmeldungen von Kletterern aller Leistungsklassen und anderen Experten auf diesem Gebiet wurden vier Kriterien als Eckpfeiler für den Kletterleistungsfaktor (CPR) identifiziert und validiert.
Leistungsfaktor zwischen GradenZurück zum Inhaltsverzeichnis
Jeder Grad ist härter als der davor, aber was heisst das eigentlich? Es ist nicht so, dass es nur ein bisschen härter ist, einen Grad höher zu klettern. Jeder Grad ist im Endeffekt eine Grössenordnung härter, als der Grad davor. In anderen Worten: Das Klettern wird von Grad zu Grad exponentiell schwieriger bzw. härter. Wenn man eine grosse Anzahl an Begehungen analysiert, sieht man eine klares Muster: für einen Kletterer der eben seine erste Route in einem neuen Grad begangen hat, gibt es eine bestimmte Anzahl (P) Routen im Grad darunter, die er geklettert haben muss, um das Niveau erreicht zu haben.
Dementsprechend vergibt das System für jede Route die du begangen hast P hoch g Punkte, wobei g der Schwierigkeitsgrad in einem feingliedrigem, internen System ist. Zusätzlich werden noch weitere - weiter unten beschriebene - Anpassungen vorgenommen, um den endgültigen Punktwert zu bestimmen. Anschliessend wird der Punktwert mit Basis P logarithmiert und in einen verständlichen Schwierigkeitsgrad umgewandelt. Diese Zahl wird Leistungsfaktor (CPR) genannt.
In Abstimmung mit Elite-Kletterern, Trainern und nach statistischer Analyse wurde der Faktor P mit 5 auf Basis Ewbanks festgelegt. Im Sinne einer Wertung bedeutet dies, dass 5 Begehungen eines Grades einer Begehung im nächsten Grad entsprechen.
Abbildung: CPR-Zeitschiene für Jakob Schubert
Erreichen eines neuen GradesZurück zum Inhaltsverzeichnis
Wir unterscheiden hier zwei Aspekte, den CPR und deinen Schwierigkeitsgrad im Sinne von Kletterleistung. Wenn du eben deine erste Route in einem neuen Grad X begangen hast, werden dich viele Kletterer noch nicht als “Grad-X Kletterer” einstufen. Dazu sind die Schwankungsbreiten zu gross, es könnte eine leichtere Route sein, es könnte ein Zufallstreffer sein, usw. Aber sobald du mehrere Routen in diesem Grad begangen hast, besteht ein klarer Konsens, dass du ein “Grad-X Kletterer” bist. Aus diesem Grund wendet das System eine kleine Abschwächung vor, so dass du etwa drei Begehungen in einem Grad brauchst, damit deine Kletterleistung, dein Schwierigkeitsgrad angepasst wird. Im Sinne von CPR hingegen zählt jede Begehung und jede erfasste Begehung in egal welchem Grad zählt. Die Anzahl von 3 Begehungen basiert nicht auf einem zu Grunde liegenden Prinzip, sondern auf Konsens aus der Klettergemeinschaft.
Verschiebung der Schwierigkeitsgrade für unterschiedliche BegehungsstileZurück zum Inhaltsverzeichnis
Das Team von theCrag hat all diese Begehungen analysiert und klare Verschiebungen für jeden Begehungsstil, abhängig davon ob es sich um Sportklettern, Boulder oder Trad-Klettern handelt, identifiziert. Zum Beispiel kann ein Kletterer typischerweise 2.1 Grad härter rot-punkten als on-sighten. Oder die Differenz zwischen einer pink-punkt- und rot-punkt-Begehung beim Trad-Klettern ist typischerweise etwa 0.8 Grade (siehe Abbildung 2 für Details). Basierend auf dieser statistischen Analyse wurde eine “Begehungsstilverschiebung” (Tick-Shifts) ausgearbeitet, die für jeden Begehungsstil und jeden Kletterstil gilt. Diese Verschiebung wird auf die jeweiligen Begehungen angewandt und zur Berechnung des CPR verwendet. Beachte, wenn wir von 2.1 Graden sprechen, meinen wir australische Ewbank Grade - aber das gleiche gilt universell und unabhängig für alle Schwierigkeitsskalen. Es gilt einzig zu beachten, dass verschiedene Schwierigkeitsbewertungssysteme unterschiedliche Spannweiten pro Grad aufweisen. Der CPR berücksichtigt das natürlich.
Wir haben ausführliche statistische Analysen durchgeführt, um die jeweiligen Verschiebungen zu bestimmen. Siehe den Artikel Tick-Shift Berechnung für Details.
Abbildung: Tick-Shifts für Trad-Klettern
Abbildung: Tick-Shifts für Sportklettern
Abbildung: Tick-Shifts für Boulder
Diese Abbildungen zeigen, wie Begehungen von unterschiedlichem Begehungsstil für die Berechnung des CPR bewertet werden. Zum Beispiel ist die pink-punkt Begehung einer Sport-Route eines 6c+ (FR) einer rot-punkt Begehung einer 6c oder einer flash-Begehung eines 6b+ oder einer ons-sight Begehung einer 6b gleichzustellen. Die farblich markierten Boxen ausserhalb der Grad-Skalen deuten diese Verschiebungen an und zeigen, um wieviel Grade jeder spezifische Begehungsstil zur Berechnung des Gesamt-CPR verschoben wird.
Kletterleistung nimmt über die Zeit abZurück zum Inhaltsverzeichnis
Wenn du aufhörst zu klettern, nimmt deine Kletterleistung ab, das ist offensichtlich. Aber vielleicht trainierst du ja etwas anderes und wenn du klettern würdest, wärst du vielleicht sogar besser. Oder vielleicht bist du verletzt und kannst nicht klettern so dass deine Kletterleistung stark abfällt. Es gibt so viele Unbekannte für diesen Faktor und es ist sicher, dass es wesentlich komplexer ist, als einfach einen willkürlichen Stichtag, oder eine beliebig gewählte Periode zu definieren, wie es andere Wertungssysteme tun.
Der erste gewählte Ansatz zur Validierung war, Kletterer zu analysieren, welche eine Kletterpause eingelegt hatten und dann wieder weiter kletterten. Wir analysierten, wieviel Kletterleistung sie verloren haben, stellten aber bald fest, dass es in der Natur der Sache liegt, dass dies ein unvollständiger Datensatz ist. Auch für den Fall eines vollständigeren Datensatzes ist das nicht zuverlässig, da der Hintergrund für die Pause im dunkeln liegt.
Der zweite Ansatz war, einen grösseren Pool an Kletterern, welche regelmässig klettern, zu analysieren und festzustellen, wie stark sie sich weiter entwicklen oder eben nicht weiter entwickeln. Wenn deine Kletterleistung von Mal zu Mal steigt, deine Kletterleistung aber gleichzeitig auch gleich stark abfällt, dann bist du in einem Gleichgewicht, dann hast du ein Plateau erreicht und dies erlaubt, den Verfall der Kletterleistung abzuleiten. Fakt ist, dass viele Kletterer rasch ein bestimmtes Niveau erreichen, dann aber auf einem Plateau verharren und so ausreichen Daten für die Bestimmung des Verfalls bieten. Der Verfallsrate deiner Kletterleistung (CPR) ist mit einem Wert von 0.7 Ewbank pro Jahr festgelegt.
Umsetzung des CPRZurück zum Inhaltsverzeichnis
Nach dieser ausführlichen Analyse und aufgrund der Überzeugung, dass der CPR Mehrwert für jeden einzelnen Kletterer und die Klettergemeinschaft schafft, hat theCrag entschieden, wieder ein Leistungsbewertungssystem und Ranglisten einzuführen. Das Team von theCrag ist begeistert von diesem neuen Ansatz, Kletterleistung zu bewerten und Ranglisten zu erstellen. Aufgrund der soliden mathematischen und statistischen Basis des CPR ist es erstmals möglich, Leistungsbewertungen und Ranglisten von willkürlichen auf wissenschaftlich und statistisch solide Fundamente zu stellen.
RealisierungZurück zum Inhaltsverzeichnis
Die Realisierung des oben beschriebenen, theoretischen Ansatzes erforderte ein paar weitere, praktische Überlegungen und Funktionen um den CPR für jeden Kletterer nützlich zu machen. Das Team von theCrag wählte folgende Vorgehensweise:
Drei separate CPRs, für Boulder (BPR), Sportklettern (SPR) und Trad-Klettern (TPR) wurden umgesetzt. Der Grund dafür ist, dass es signifikante Unterschiede zwischen diesen Kletterstilen gibt und es nicht sinnvoll ist, sie in einer Bewertung zu erfassen.
Routen in jedem beliebigen Bewertungssystem zählen für den CPR. theCrag versteht aktuell über 20 Bewertungssysteme aus der ganzen Welt und wandelt diese in ein internes System zur statistischen Analyse und für Berechnungen um.
Als Kletterer erhältst du einen CPR für jeden Kletterstil von deiner ersten Begehung an. So kannst du deinen Fortschritt von Anfang an messen und jede Begehung zählt.
Auf deiner Profil-Seite siehst du weiterhin deine Klassifizierung nach härtester gekletterter Route und on-sight Schwierigkeitsgrad.
Bei Wiederholungen von Routen zählt nur die Begehung mit dem höchsten Wert. Danach werden Verschiebung und Verfall angewandt. Das bedeutet, dass Wiederholungen typischerweise nicht in einer Steigerung deines CPR resultieren.
Zum besseren Verständnis wird jeder CPR von der theCrag-spezifischen, internen Bewertung wieder in dein lokales Bewertungssystem umgerechnet.
Zur Berechnung des CPR werden Konsensus-Grade einer Route verwendet. Im Gegensatz zu festgelegten Graden verringern Konsensus-Grade den Fehler aufgrund von Fehlbewertungen von einzelnen Routen.
theCrag stellt dir einen Allzeit-CPR und einen aktuellen CPR zur Verfügung. Dies erlaubt dir, deinen besten CPR und zugehörige Platzierung (“meine beste Form”), als auch deine aktuelle Leistung zu beurteilen.
Aufgrund der hierarchischen Natur von theCrag ist es möglich, deinen CPR und deine Platzierung pro Klettergebiet, Land oder weltweit und nach jedem weiteren beliebigen Parameter wie Geschlecht oder Alter auszuwerten. Dies erlaubt es dir, dich mit deinen Kollegen in deinem Lieblingsgebiet zu vergleichen, aber auch globale oder wettbewerbsbezogene Ranglisten zu erstellen.
RanglistenZurück zum Inhaltsverzeichnis
Sobald ein Kletterer eine Bewertung aufweist, wird er auch auf der Rangliste geführt. Neben der globalen Rangliste kannst du auch Ranglisten auf Klettergebietsebene sehen oder eigene Ranglistenfilter erstellen.
Flexible TechnologieZurück zum Inhaltsverzeichnis
Das dem CPR zu Grunde liegende Modell ist flexibel. Zum Beispiel kann auch ein Leistungsprofil für ein gesamtes Klettergebiet erstellt werden.
Abbildung: Leistungsprofil über Zeit für das Klettergebiet Arapiles.
EinbindungZurück zum Inhaltsverzeichnis
Für Blogger und Kletterer besteht die Möglichkeit, CPR-Graphiken auf eigenen Web-Seiten einzubinden. Auch die Grafiken in diesem Artikel verwenden diese einbettbaren Komponenten.
ZusammenfassungZurück zum Inhaltsverzeichnis
Das Team von theCrag ist sich sicher, dass die Bereitstellung des CPR für die Klettergemeinschaft es mehr erlaubt, als nur den persönlichen Fortschritt über die Zeit zu messen und sich mit anderen auf einer soliden Basis zu vergleichen; Wir glauben auch, dass der CPR weitere Möglichkeiten eröffnet, wie die Unterstützung wissenschaftlicher Forschung, der Identifikation von falschen Bewertungen von einzelnen Routen, den Vergleich von Bewertungen in unterschiedlichen Klettergebieten auf statistischer Basis oder der Bestimmung deiner “Grad-Verschiebung” zwischen dem Klettern in der Halle und im Freien. Du könntest sogar daran denken, den besten Granit-Plattenkletterer zu identifizieren oder viele andere Fragen zu beantworten, die du haben könntest. Beteilige dich an der Entwicklung neuer Funktionen rund um den CPR und hilf, die Zukunft des Kletterns und der zugehörigen wissenschaftlichen Forschung mit zu formen.
Als Kletterer bekommst du all diese Möglichkeiten und Funktionen auf theCrag frei zur Verfügung gestellt. Es reicht, jetzt ein Konto anzulegen und deine Begehungen zu erfassen. Deine Profil-Seite gibt dir Zugang zu deinen CPR’s und einfachen statistischen Analysen.